Operative Therapie

Was tun nach
Hüft- und Knie-TEP Operationen?

Empfehlungen für Patienten nach künstlichem Gelenkersatz


Liebe Patientin, lieber Patient,

Sie haben ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk bekommen – Was bedeutet dies für Sie ?

Sie haben mit dem neuen Gelenk die Chance ein hohes Maß an Lebensqualität und Mobilität, damit Bewahrung der Selbstständigkeit zurückzugewinnen.

Jahrzehntelange Erfahrung der Medizin mit der Implantation von Kunstgelenken hat dazu geführt, dass Risiken und mögliche Komplikationen erheblich reduziert und auch die Haltbarkeit dieser Gelenke durch Materialentwicklung und Operationstechniken verbessert werden konnte.

Aber es gibt einige Verhaltensregeln die Sie beachten sollten – die Pflege eines solchen Gelenkes !!!!!

Wie gut Sie mit Ihrem künstlichen Gelenk leben und wie lange Ihr Gelenk funktioniert hängt entscheidend von Ihrem Umgang mit diesem Gelenk ab.

Übermäßige Vorsicht und Ängstlichkeit ist genauso wenig angebracht wie das Ignorieren und Ablehnen von ein paar Einschränkungen.

Die nachstehenden möglichen Risiken und ihre Vermeidungen werden im

- Knicken sie das Bein im  Hüftgelenk in den ersten 3 Monaten maximal bis 90 Grad – Beugen Sie erst ihre Kniegelenke bevor sie sich nach vorne beugen
-Schlagen Sie das operierte Bein im Sitzen und auch im Liegen nicht über das andere

 

Waschen, An-und Ausziehen

Immer darauf achten :

-Winkel zwischen Oberkörper und Oberschenkel nicht kleiner als 90 Grad – der Fuß muss möglichst gerade nach vorne zeigen

-Bei Bedarf sollte die ersten 3 Monate eine Strumpfanziehhilfe, eine Greifzange sowie lange stabile Schuhlöffel benutzt werden. Am geeignesten sind Schuhe ohne Schnürsenkel

-An und Ausziehen : Je nach Beweglichkeit Kleidungsstück mit Stock oder Greifzange ergreifen-  Die Hosen immer vom operierten Bein her hochziehen- beim Ausziehen Hose immer vom gesunden Bein beginnend herunterziehen. Beim Anziehen der Schuhe langen Schuhlöffel benutzen.

-Das operierte Bein nie gleichzeitig abspreizen und den Fuß nach außen drehen

Baden

Die ersten 3 Monaten auf das Baden verzichten, danach mit Hilfe und Badewannenaufsatz und rutschfesten Matten

 Duschen

Rutschfeste Duschunterlage, Handgriff oder Stuhl als Erleichterung. Zum Ein-bzw. Aussteigen aus der Dusche- Schwamm oder Bürste mit langem Griff wäre gut

Toilettengang

Am besten : Erhöhung

Sollte keine Erhöhung vorhanden sein:  das operierte Bein weit nach vorne stellen . Vorteilhaft : Möglichkeit zum Auf- und Abstützen

 Sitzen und Liegen

Sitz: Nie das operierte Bein über das andere schlagen. Die Hüften sollten immer höher als die Kniegelenke sein- der Stuhl hat Armlehnen? Beim Aufstehen kräftig auf den Armlehnen abdrücken und das Gewicht auf die Arme und das Gesunde Bein verlagern-Stehhilfen sind günstig

Liegen:

Die ersten vier Wochen nach der Operation: Liegen Sie konsequent auf dem Rücken und legen Sie sich ein dickes Kissen zwischen die Beine.
Nach 4 Wochen: Wenn keine Narbenschmerzen vorliegen kann versucht werden auf der operierten Seite zu liegen.
Nach 4-6 Wochen: Auch ein Schlafen auf der gesunden Seite ist möglich.
Nach der 6.Woche kann in der Regel auf der operierten Seite geschlafen werden. Zum Schutz des Überschlagens der Beine und damit einer Luxationsgefahr nach Hüft-TEP legen Sie ein dickes Kissen zwischen die Beine.

Ein- und Aussteigen (Bett und Auto)

Die ersten 3 Monate :
Einsteigen in das Bett immer über die operierte Seite.
Einsteigen in das Auto :
Zeitpunkt : Weitgehende Abschulung von den Unterarmgehstützen
( Individuell : 5.-  9.Woche).
Technik :Beide Beine schließen und dann mit beiden Beinen gleichzeitig ,mit sich berührenden Kniegelenken und Füßen.
Drehen ( Drehhilfe: Auf den Autositz gelegte Plastiktüte )- dabei : Autositz beim Einsteigen ganz nach hinten schieben und sich seitlich auf den Sitz setzen

Von Bedeutung für Patienten mit Hüft- und\oder Kniegelenksprothese

Stolper – und Sturzursachen

Sturzfolgen können die häufigsten Komplikationen bei Prothesenträgern Hervorrufen. Die höchste Alltagsbelastung eines Kunstgelenkes wird durch Stolpern – auch ohne Sturz – verursacht.  Es können dabei Belastungen bis zu 870 % des Körpergewichtes auftreten.

Häufiges Stolpern : Lockerungsgefahr für das Kunstgelenk

Beseitigung möglicher Gefahrenquellen

Lose Teppiche wegräumen
Schaffung breiter Durchgänge in allen Räumen insbesondere auch auf dem Weg vom Bett zur Toilette
Licht : Steckdosennachtlichter evtl. mit integriertem Bewegungsmelder
Rutschfeste Matten in und vor der Dusche bzw. vor dem Waschbecken.

SCHUHWERK

Geeignet : Um Gangsicherheit zu gewährleisten grundsätzlich geschlossenes Schuhwerk
Absatzhöhe nicht über 4 cm- Durchgängige Sohle verringert die Gefahr des Stolperns und Hängenbleibens im Vergleich zu Absatzschuhen.
Sohle : Generell weich – möglicherweise zusätzlich durch ein Luft- oder Gelkissen gepolstert ( Sportschuh)
Schuhe mit Kreppsohlen , Pufferabsätzen sowie Silikonfersenpolster können die Stoßbelastung mindern
Gut geeignet sind Schuhe mit Reißverschluss oder Slipper

AUTOFAHREN – Wann?

Eine Aussage die für alle Endoprothesenträger gilt gibt es nicht !!

Voraussetzungen:
Sicheres Gehen ohne Gehhilfen
Keine wesentlichen Kraftdefizite des operierten Beines
In der Regel zwischen 8 und 12 Wochen p.o.
Bei Unsicherheiten Arzt fragen

FAHRRADFAHREN

Standfahrrad : Kann schon ab der 3. Woche nach der Operation begonnen werden : dient der Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, des Gelenkstoffwechsels und der allgemeinen Ausdauer

Fahrradfahren im Freien : Voraussetzungen sind eine gute Kontrolle über das operierte Bein , stellt erhöhte Anforderungen an Koordination und Bewegungssicherheit . Daher Beginn : 10.-12.Woche p.o.

Geeignet : Damen Fahrräder mit niedrigem Einstieg- Zum Anfang sind Herrenfahrräder mit Stange gefährlich, da beim Auf- und Absteigen Kombinationsbewegungen erforderlich sind – zudem bei Hüftpatienten beim Aufsteigen mit der operierten Seite ein erhöhtes Luxationsrisiko darstellen.

Keine Klickpedalen – hindern beim schnellen Absteigen in Gefahrensituationen die unerwartet auftreten

Verhalten : - Langsames Aufsteigen
Komplettes Abbremsen , dann langsam und kontrolliert
Absteigen
Nicht abspringen
Hohe Tretwiderstände vermeiden durch Gangschaltung

Bei Kniebeugefähigkeit weniger 100 Grad: Pedalstellung einstellen lassen und Sattelhöhe verändern

Heben und Tragen

Verhalten :

Gewichte beim Einkaufen gleichmäßig verteilen.
Tragen auf beiden Seiten oder im Rucksack.
Lieber häufiger mit geringeren Gewichten gehen.
Lieber leichtere Kunststofflaschen als Glasflaschen.
Fahrbare Taschen und Koffer mit Schiebegestänge.
Jedes zusätzliches Gewicht belastet die Gelenke . Daher Heben und Tragen schwerer Lasten vermeiden.  Die Lasten sollten nicht mehr als 20 % des Körpergewichtes betragen

 Treppensteigen:

Jede Stufe sollte einzeln erstiegen werden, indem das gesunde Bein zuerst auf die nächste Stufe gesetzt wird – die Gehhilfen werden dabei auf der niedrigen Stufe belassen. Das operierte Bein wird zusammen mit den Gehhilfen auf die höhere Stufe gesetzt.

Treppe hinuntergehen

Die Gehilfen werden auf die untere Stufe aufgesetzt. Mit dem operierten Bein auf die untere Stufe aufsetzen und dann das gesunde Bein auf die gleiche Stufe aufsetzen

HAUS UND GARTENARBEIT

Schwere Tätigkeiten wie Umgraben, sowie schweres Heben und Tragen sollten vermieden werden
Besonders in den ersten 3 Monaten ist längeres Hocken und Bücken für operierte Gelenke belastend und sollten während dieser Zeit gänzlich unterlassen werden.
Beim Aufheben von Gegenständen darauf achten: Nicht in die Hocke gehen sondern operierte Hüfte gestreckt lassen und sich mit den Händen abstützen.
Unkraut zupfen im Kniestand : frühestens 3 Monate p.o. :  kurze Zeiträume jeweils 20 Minuten , danach Pause mit Umhergehen und Sitzen – unbedingtes Muss : Knieschoner oder feste Schaumstoffunterlage.
Viele Hilfsmittel benutzen : Gartenkralle, Staubsauger, Wischer etc.
Tätigkeiten wie Bügeln, Kartoffelschälen und ähnliches mehr können auch im Sitzen ausgeführt werden.
Wenn Sie länger Stehen müssen ( 30-60 Minuten ) können Sie Gelenke und Rücken mit einer Stehhilfe entlasten.
Haushaltsgeräte wie z.B. Waschmaschine, Trockner, Spülmaschine, Backofen  können durch das Aufstellen auf Podeste erhöht platziert werden und Rücken und Gelenke entlasten

KÖRPERGEWICHT

Zuviel Körpergewicht belastet das künstliche Gelenk zusätzlich und kann zu vorzeitiger Lockerung führen

Geeignete Ernährung und regelmäßiges Training helfen das Gewicht zu reduzieren.
Anhaltspunkte ist der sogenannte „Body-Mass- Index“ der je nach Alter unterschiedlich ausfällt. Berechnet wird dieser Index aus dem Körpergewicht in Kilogramm  geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern , z:B Größe 1,60 m , Gewicht 7o KG = BMI 70 ( 1,6x1,6 ) =27,3

GESCHLECHTSVERKEHR

KNIEPROTHESEN:

Nach wenigen Wochen wieder möglich unter der Voraussetzung, dass Praktiken im Knieen  vermieden werden

HÜFTPROTHESEN :

Es gelten dieselben Einschränkungen hinsichtlich der Bewegungen wie im Alltag  In den ersten 3 Monaten nach der Operation soll die Außendrehung des Beines vermieden werden

SAUNA

Saunaverzicht bei noch vorhandener deutlicher Schwellneigung –sonst ergeben sich nach abgeschlossener Wundheilung keine speziellen Einwände vermieden werden. Besprechen Sie mit Ihrem mögliche Stellungen.

SPORT

Regelmäßige sportliche Betätigung mindestens 2-3 x pro Woche jeweils über 1 Stunde :

Sinnvoll : Sportarten, bei denen kontrollierte, nicht zu schnelle Bewegungen ausgeführt werden, die vor allem die Ausdauer schulen, Koordination verbessern, keine hohe Druck-, Scher-,und Stoßbelastungen beinhalten z.B. Fahrradfahren, Nordic Walking, bestimmte Schwimmsportarten.

Tanzen unter bestimmten Voraussetzungen günstig – ebenso das Golfen

Nicht Sinnvoll: Schnelle, unkontrollierte Bewegungen mit kurzzeitiger hoher Kraftentwicklung sowie abrupte Bremsbewegungen wie z-B. Squash, Tennis, Leichtathletik- Ballspiele eher problematisch durch mögliche Gegnereinwirkung.

Reiten und alpiner Skilauf möglich aber Sturzgefahr – Kegeln und Bowling hat die Gefahr des großen Ausfallschrittes und der Oberkörperdrehbewegungen.

Zeitpunkt der Sportaufnahme :  6Monate – 1 Jahr postoperativ wenn die Voraussetzungen wie Muskelkraft, Koordination und Sicherheit im täglichen Leben gegeben sind.

SONSTIGES

Erkrankungen : Weisen Sie Ihren behandelnden Arzt darauf hin, dass sie ein Kunstgelenk haben wenn folgende Erkrankungen bestehen :
Infektionen : Eitrige Angina, Harnwegsinfektionen, Entzündungen im Kieferbereich , vor größeren Zahnbehandlungen.
Das Kunstgelenk hat einen schlechteren Schutz vor einem Übergreifen von Bakterien als ein gesundes Gelenk, sodass bei obigen Erkrankungen eine frühzeitige antibiotische Abdeckung Sinn macht.
Bei Operationen : Weisen Sie auf Ihr Kunstgelenk hin, damit beim Lagern vom Bett auf den Op- Tisch und zurück entsprechende Vorsicht vorgenommen wird.
Prothesenpass : Tragen sie diesen bei Flugreisen mit sich damit unnötige Verzögerungen bei der Abfertigung vermieden werden.

Mit freundlichen Grüßen ihr

Prof. Dr. Wolfgang Schultz