Praxis

Arzt der
Behinderten-Ski-Nationalmannschaft.

Seit 1994 ist Dr. Harmut Stinus als Sportarzt des DBS bei den Paralympics aktiv.

Ob bei Verletzungen oder im Falle einer Behinderung – der Skisport berührt in vielen Bereichen die Arbeit der Orthopäden. Jahr für Jahr bringt die Wintersportsaison zahlreiche Verletzungen mit sich, bei deren Behandlung die Fachkenntnis eines Orthopäden gefragt ist. Eine Studie der Salzburger Landeskliniken in der unmittelbaren Umgebung großer Skigebiete ergab, dass sich deutlich mehr als die Hälfte aller Wintersport- Verletzungen beim Skifahren ereigneten. Obwohl 80% der Fälle ambulant behandelt werden konnten, kam es am Ende bei knapp einem Fünftel der stationären Fälle sogar zu einer Operation, und dann waren es meist Orthopäden, die am OP-Tisch behandelten, denn Verletzungen, die sich die Wintersportler beim Skifahren zuzogen, betrafen zumeist die Extremitäten. Man kann sogar sagen, dass der Skisport insbesondere für die Knie gefährlich ist, die in etwas weniger als einem Drittel aller Fälle betroffen waren.

Wintersport in Northeim
Wenn in den Skigebieten die Pisten freigegeben werden, bedeutet das deshalb auch für das Team des Orthopaedicums Northeim-Göttingen eine spürbare Häufung von Patienten, die sich wegen Sportverletzungen behandeln lassen. Denn nach der Erstversorgung in den Krankenhäusern der Ski-Regionen vertrauen die meisten Patienten auf die Weiterbehandlung durch ihren heimatlichen Orthopäden. Laut der österreichischen Studie reichte die Bandbreite der Verletzungen dabei von Meniskusschäden, Seitenbandverletzungen und Kreuzbandrupturen, Prellungen, Distorsionen bis zu Frakturen. Neben Kopfverletzungen spielten in knapp 8 % der Fälle aber auch Wirbelsäulenverletzungen eine gewichtige Rolle. Diese wurden in 44,6 % als schwere Verletzungen eingestuft.

Skifahren mit Handicap
Obwohl es um Ausnahmefälle geht, ist die Vorstellung, sich beim Skifahren so schwer zu verletzen, dass man vielleicht dauerhafte Schäden davonträgt, trotzdem erschreckend. Doch selbst dann muss niemand auf das Vergnügen verzichten, auf Skiern eine Piste hinab zu fahren. Vom Skifahren bis zum Langlauf gibt es auch für Menschen mit Behinderungen sowohl im Bereich des Breitensports als auch im Leistungssport zahlreiche Angebote. So gehört der Skisport bereits seit langem zu den Wintersport-Paralympics. Es waren Österreicher, die nach dem Zweiten Weltkrieg als erste auch mit körperlichen Einschränkungen auf die Pisten drängten. Die ersten Wettkämpfe fanden in dem Alpenstaat bereits im Jahr 1948 statt. Heute zählen die alpinen Disziplinen deshalb zu den festen Bestandteilen des Behindertensports, wobei bei Weltcuprennen Wettkämpfe in den vier bekannten Disziplinen des alpinen Skisports durchgeführt werden: dem Slalom, dem Riesenslalom, der Super-G Abfahrt und den Kombinationswettbewerben.

Paralympcis
Die Paralympics-Teilnehmer treten dabei in den Kategorien stehend, sitzend und sehbehindert gegeneinander an, immer nach der Schwere ihrer Behinderung klassifiziert. Um einen möglichst gerechten sportlichen Vergleich zu gewährleisten, werden die Rennzeiten der einzelnen Sportler abhängig von der jeweiligen Klassifizierung gewichtet, d. h. mit einem vom Behinderungsgrad abhängigen Faktor multipliziert. Beim Spitzen- aber auch beim Breitensport stellt der Behindertensport im alpinen Bereich natürlich darüber hinaus noch besondere Anforderungen an die Beschaffenheit der genutzten Strecken, obwohl insbesondere Spitzenwettkämpfe meist auf denselben Hängen stattfinden, wie sie auch von Nicht-Behinderten genutzt werden. Sehbehinderte Fahrer werden dabei von Begleitläufern unterstützt und erreichen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h, während die besten Fahrer der stehenden Klasse mit bis zu 120 km/h die Hänge hinunterstürzen.

Mono- und Bi-Ski
Zu den wichtigsten Sportgeräten des alpinen Wintersports gehört der Monoski. Dabei handelt es sich um einen Carvingski, auf dem ein gefederter Rahmen mit einer Sitzschale angebracht ist. Das Gleichgewicht auf dem Monoski hält der Fahrer mit kleinen Skiern, die am Ende von zwei kurzen Stöcken angebracht sind. Menschen mit Querschnittslähmung können den Monoski ebenso nutzen wie solche mit Multipler Sklerose oder beidseitig Oberschenkelamputierte, vorausgesetzt, sie verfügen über eine gute Rumpfstabilität, können ihre Arme unbehindert einsetzen und mit den Händen greifen. Auch eine Beugung der Hüft- bzw. Kniegelenke sollten noch möglich sein. Der sogenannte Bi-Ski ist die stabilere Variante des Monoskis. Zwei Skier bieten hier eine erhöhte Standfestigkeit, was jedoch auf Kosten der Wendigkeit geht. Außerdem ist der Wintersportler mit Behinderung hier auf eine Begleitperson angewiesen, die für die Lenkung zuständig ist. Der Bi-Ski ist durch seine Konstruktion allerdings auch für motorisch beeinträchtigte Menschen mit Cerebralparese, Tetraplegie oder Hemiparese geeignet, da seine Nutzung nur die Fähigkeit erfordert, angewinkelt sitzen zu können.

Der für den Langlaufsport gedachte Langlaufschlitten setzt auf ein dem Bi-Ski vergleichbares Konstrukionsprinzip, bei dem der Sportler mit Gurten auf dem Sitz gesichert ist und das ihm im Falle eines Sturzes ein schnelles Wiederaufrichten erlaubt. Desweiteren zählt ebenso der Skibob zu den Möglichkeiten, die Menschen mit Gehbehinderung nutzen können, um sich an sportlicher Betätigung im Schnee zu erfreuen.

Ein Bein, zwei Skier
Auf zwei Skiern oder einem Snowboard eine Piste hinunterzusausen – dieser Wunsch bleibt auch für Menschen mit einer Unterschenkelamputation absolut erfüllbar. Hier spielt vor allem die Oberhülse ihrer Prothese eine wichtige Rolle, da die Belastungskräfte möglichst optimal verteilt werden müssen. Bei einer Oberschenkelamputation empfiehlt sich wiederum das Fahren mit Krückenskiern oder mit dem von Otto Bock neu entwickelten Kniegelenk. In jedem Fall ist Einsteigern ein Kurs bei einem Skilehrer zu empfehlen, der mit den spezifischen Anforderungen ihrer Situation vertraut ist, vielleicht selbst Krückenskier nutzt.

Vor dem Vergnügen
Bei allem winterlichen Sportvergnügen ist es für Menschen mit Behinderungen natürlich unablässig, sich zuvor intensiv ärztlich beraten zu lassen. Das gilt für den reinen Freizeitsport ebenso wie für den Leistungssport. Erfahrene Orthopäden können helfen, unnötige Gefährdungen zu vermeiden und ihre Patienten optimal auf die spezifischen Belastungen des Skifahrens vorzubereiten. Darüber hinaus sind sie in der Lage, Interessenten bei der Auswahl der für ihre individuelle Situation passenden Sportart und der jeweils nötigen Gerätschaften zu beraten.

Dr. Hartmut Stinus vom Orthopaedicum Northeim-Göttingen gehört in diesem Bereich zu den überregional anerkannten Experten. Als Sportarzt des Deutschen Behinderten Sportverbands betreute er mit seinem Fachwissen seit 1994 die Deutsche Behinderten-Ski-Nationalmannschaft unter anderen bei den Paralympics in Lillehammer, Nagano, Salt Lake City, Turin und Vancouver sowie bei zahlreichen weiteren internationalen Wettkämpfen, und auch bei seiner Arbeit im Orthopaedicum Northeim-Göttingen gehört die operative Sportorthopädie insbesondere im Bereich der arthroskopische Gelenkchirugie sowie der Bandplastiken an Sprunggelenk und Knie zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten.

Deshalb dürfen Wintersportfans auch im Raum Göttingen und Northeim im Falle eines Falles durchaus darauf vertrauen, auch bei komplizierten Wintersportverletzungen im Orthopaedicum Northeim-Göttingen in guten Händen zu sein.